••• music-4-ever - home ...   •••   übersicht - journal ... •••

Neil Young

In Würde gealtert, warnermusic.de

Neil Young - dieser Name dürfte nahezu bei allen mit einem Faible für Pop- und Rock-Musik einen guten Klang genießen. Seit Urzeiten, so scheint es, geht der als Einzelgänger etikettierte Vollblut-Musiker aus Kanada seinen individuellen Weg. Dabei macht er es Leuten, die ihn gern besser verstehen würden, alles andere alles einfach. Mal preist er mit Cowboyhut bewaffnet eine Ranch auf eigenem Grund und Boden, mal schimpft er Gift und Galle aufs Establishment und legt sich ohne sichtbare Not mit Musiker-Kollegen an. Ebenso zeigte sich sein ambivalenter Charakter beim Mauerfall 1989/90: Einerseits gab sich Neil ungewohnt kritisch und fragte in einem Interview ganz offen, was den Menschen eigentlich ein vereintes Deutschland bringen würde. Auf der anderen Seite hievte die Mauer seine Single "Rockin' in the Free World" in den US-Charts weit nach oben. Wer ist dieser Mensch eigentlich und was macht er heute?

Von Buffalo Springfield zu Crazy Horse

Dazu lohnt ein Blick auf seinen Start ins Musikbiz. Der kanadische Musiker, Jahrgang 1945, gebürtig in Toronto, gründete mit dem Kollegen Stephen Stills in Los Angeles 1966 die bis heute berühmte Folk-Band Buffalo Springfield, für die Neil Young einige bedeutende Songs schrieb wie "Broken Arrow". Doch wie zu erwarten, hielt es ihn hier auch nicht sehr lange. Aufgrund ständiger Streitereien kehrte Young nach drei Jahren der Gruppe den Rücken und startete mit der Langrille "Neil Young" seine Solo-Karriere. Ferner hob er seine Begleitband "Crazy Horse" aus der Taufe und schloss sich eine Zeit lang den Mitstreitern David Crosby, Graham Nash und Stephen Stills an. Als erfolgreiches Quartett Crosby, Stills, Nash & Young gelang ihnen die eindrucksvolle Langrille "Déjà Vu" sowie das Live-Album "4 Way Street". Leider warf ihn immer wieder ein Schicksalsschlag weit zurück.

Neil Young in den Siebzigern, clashmusic.com

So setzten ihm seit seiner Kindheit diverse Krankheiten zu, deren Folgen er noch als Erwachsener spürte. Erst infizierte sich der fünfjährige Knirps Neil mit der damals grassierenden Kinderlähmung; als Jugendlicher erkrankte er zusätzlich an Diabetes und Epilepsie. Anfang der Siebziger gesellte sich noch eine gravierende Rückenoperation dazu, infolgedessen er später auf der Bühne nicht allzu lang stehen konnte und der elektrischen Gitarre die akustische Version vorzog. In diesen Jahren der Verletzlichkeit schrieb er seinen bis heute größten Hit: "Heart of Gold". Es folgten weitere Single-Platten und Alben, auf denen er wie ein musikalisches Chamäleon wirkte; mal spielte er Folk- und Country-Songs, mal griff er bei Rock-Songs härter in die Saiten. Gegen Mitte dieser musikalisch so bunten Dekade kamen seine Songs plötzlich depressiv daher. Auf diese Weise verarbeitete der Gitarrist den Tod zweier befreundeter Tour-Kollegen. Zum Ende der 70'er wagte er noch einige Klang-Experimente, nicht immer zur Freude seines Publikums.

Klang-Experimente verschreckten Fans

Diese künstlerische Phase dauerte noch bis in die Achtziger an; fortan verpassten ihm Kritiker den Vorwurf der Richtungslosigkeit. Denn schon mit seiner Lieblingsplatte "Trans" (1982) irritierte er seine Fans zur Gänze. Der ungewohnte Synthesizer-Sound, Neil's Stimme per Vocoder verzerrt, erinnerte eher an die deutschen Techno-Freaks von "Kraftwerk" und "La Düsseldorf". Als der Kanadier anschließend eine Langrille mit alten Rockabilly-Liedern auf den Markt brachte, kannte sich nun niemand mehr bei Neil Young aus. Ein weiteres Opus mit elektronischer Musik verunsicherte seine Fans noch weiter: Erst gegen 1987, als beim Label "Geffen Records" zu Gunsten in Not geratener Farmer sein Werk "Life" erschien, erinnerte sich sein Publikum wieder an die Zeit vor 1982. Jedoch drängte ihn die Company, die Firma zu verlassen. Damit schlug Young, ob er wollte oder nicht, ein neues Kapitel seines Schaffens auf. In der nun folgenden Zeit standen seine Fans wieder zu ihm, seine Songs ließen die Kassen kräftig klingeln.

Der ständige Stilwechsel seiner Musik wurde allmählich zu seinem Markenzeichen. Mal Country-Pop, mal härtere Rhythmen gaben sich die Klinke in die Hand. Und in den Neunzigern setzte er noch was drauf. Fortan charakterisierte er sich als Altrocker, welcher noch voll im Saft steht. Sein Spiel bekam eine experimentelle Note, was sich in längeren Gitarrenparts ausdrückte. Seit jener Zeit gilt Neil gar als "Godfather of Grunge". Jungen Künstlern wies er dabei den Weg. So ging es weiter, bis 9/11 sein Weltbild erschütterte. Er trat erneut mit seinen alten Kumpels Crosby, Nash und Stills auf und verarbeitete sein Trauma bezüglich der Twin Towers mithilfe seiner Kreativität und dem Werk "Living With War". Dieses Mal mischte er sich abermals politisch ein, forderte sogar, Präsident Bush aus dem Amt zu fegen. Dabei vermuteten seine Kritiker, Young sei zu seinem Patriotismus der Reagan-Ära zurückgekehrt und sah George W. eher als einen Landesverräter.

Der reife Neil Young, biography.com

Ob Rücken-OP oder Hirnblutung - Neil steht seinen Mann

Bis zum heutigen Tag ist Neil Young "on the Road" und musikalisch aktiv, trotz seiner Gehirn-Operation von 2005 wegen eines Aneurysmas - einer gefährlichen Hirnblutung. Aus Rücksicht auf seine teilweise fragile Gesundheit gab der Musiker um 2012 auch seinen Konsum von Alkohol und Marihuana auf. "Mein Arzt glaubt nicht, dass das gut für mein Gehirn wäre", kommentierte der Musiker lapidar. Privat lebt Neil in dritter Ehe mit der Schauspielerin Darryl Hannah zusammen, nachdem seine Ehe mit Pegi Morton im Juli 2014 nach immerhin 36 Jahren geschieden wurde. Bleibt noch die Frage nach dem Menschen Neil Young. Bürgerlicher Konservativer oder protestierender Quälgeist? Schwer zu sagen. Am ehesten wohl ein Einzelgänger, an dem jegliche Kritik an seiner Musik und seinen Inhalten abperlt.

Joachim Eiding

Quellen: www.neil-young.info - www.chartsurfer.de - www.fr.de - www.warnermusic.de

 

music4ever.de - Was macht eigentlich ... - Nr. 120 - 11/19