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Matrix - die Warnung

Filmplakat "Matrix", Foto: youtube.com

Kaum veränderte ein Film-Dreiteiler unser Bewusstsein mehr als die berühmte Matrix-Trilogie. Die düsteren Werke, zum Genre Science-Fiction gerechnet, greifen jedem, der sie je gesehen hat, tief in die Seele und hinterlassen im Bewusstsein als auch im mysteriösen Unbewussten ihre Spuren. Aber was wollen uns die Macher dieser Werke, die Geschwister Wachowski, eigentlich damit sagen? Viele schon wagten sich an einen Versuch zur Interpretation der "Matrix" und verirrten sich im Labyrinth des Kaninchenbaus, um es mit den Worten von "Alice im Wunderland" auszudrücken. Der deutsche Autor und Publizist Tilman Knechtel ließ sich jedoch nicht abschrecken und riskierte eine eigene Version zur Deutung der Botschaft dieses doch monumentalen Kinoerlebnisses.

Kein Grund zur Sorge, gemeint ist nicht das merkwürdige Zahlenkonstrukt, welches gestresste Oberschüler der letzten Jahrzehnte qualvoll über die Schultafel hin- und herschoben. Vielmehr geht der Sinn dieser "Matrix" tiefer. Der Leser mag sich eine Gesellschaft vorstellen, in der so ziemlich alles von der Obrigkeit kontrolliert wird. Ob Privatleben, so fern es dann noch möglich ist, noch jede denkbare Form eines Eigenbesitzes, noch Freundes- oder Bekanntenkreis und schon gar nicht jegliche nur im Ansatz als Systemkritik zu verstehende Äußerung - alles dies obliegt nun den Behörden, ihrerseits nur Werkzeuge der Mächtigen. Konkret erzählt der Film die Geschichte eines jungen Mannes namens Thomas Anderson, der durch merkwürdige Erlebnisse in einer von ihm als real angenommenen Welt Konsequenzen zieht und beginnt, Fragen zu stellen. Wodurch er nun bei Autoritäten aneckt und zur Ordnung gerufen wird. Und genau da setzt der erste Film "Matrix" (im Original "The Matrix") aus dem Jahr 1999 an.

Teil 1: Was ist die Matrix?

Der kritische Journalist Tilman Knechtel gliedert die Botschaft der Trilogie - im Ansatz nachvollziehbar - in drei Teile. Im ersten Streifen geht es um die Frage, was denn eigentlich diese Matrix sei. Gefolgt von den zwei Nachfolgern mit verhältnismäßig viel Action ("Matrix Reloaded" und "Matrix Revolutions", beide von 2003), wodurch jedoch leider die Aussagen der Filme irgendwie im Leuchtfeuer der gezeigten Fights verloren geht. So lohnt sich bei den Sequels ein genaueres Hinsehen, um die vorhandenen Spuren zu suchen und auf diese Weise dem Kern der Message näher zu kommen. Lasst Euch, so der Autor, nicht vom ständigen Knallbumm von wichtigen Signalen ablenken. Denn alle drei Werke wimmeln nur so von Indizien und Symbolen, die im ersten Film noch leichter zu finden sind, in den anderen beiden einer genaueren Analyse bedürfen.

Zur Handlung: Der Computerhacker Thomas A. Anderson, dargestellt vom stets jugendlich wirkenden, kanadischen Schauspieler und Musiker Keanu Reeves, will nicht mehr im Konzert der Bosse mitspielen und leistet sich eigene Entscheidungen und Alleingänge, die nicht von seinem Arbeitgeber gedeckt werden. Als er eines (un-)schönen Tages eine mysteriöse Mail erhält, abgeschickt von einer gewissen "Trinity", zieht ihn das Schicksal in Ereignisse, die ihn für sein weiteres Leben prägen. So erfährt er vom geheimnisvollen "Morpheus", gespielt vom Hollywood-Haudegen Laurence Fishburne ("Event Horizon"), seine erlebte Welt sei nicht die Wirklichkeit, sondern eine vom Computer generierte, riesige Simulation. Vielmehr liegt die Erde, wie er sie bisher kannte, in Trümmern, und vor langer Zeit haben die Maschinen die Herrschaft an sich gerissen. Geschockt erfährt der junge Mann, dass er und die anderen Menschen, die wie er glaubten, frei zu sein, in Wahrheit in großen röhrenartigen Behältern aufgezogen und gezüchtet werden. Und nur aus einem einzigen Grund: Weil die Menschen den Apparaten das existenzwichtige Sonnenlicht geraubt haben, benutzen diese nun die organischen Lebewesen als ein Art Batterie und schöpfen deren Lebenskraft systematisch ab. Als Thomas Anderson ("Anderson" steht für "Menschensohn"), der sich nun "Neo" nennt, das wahre Ausmaß der Täuschung erkennt, will er es zunächst nicht wahrhaben. Doch der mächtige Morpheus überzeugt ihn und nimmt den Jungen in die Crew seines Schiffes "Nebukadnezar" auf.

Neo erwartet eine düstere, trostlose Welt, vor der ihn sein Maestro Morpheus zuvor gewarnt hat: "Alles, was ich dir verspreche, ist die Wahrheit." Wie schwer das dunkle Zeitalter auf den Menschen lastet, zeigt sich, als ein Mitglied von Morpheus' Team freiwillig in die Trugwelt zurück will, dabei jedoch scheitert und den Tod findet. Langsam versteht Neo den Aufbau und die Systematik dieser Matrix und erkennt, er sei laut einer merkwürdigen Prophezeiung der "Auserwählte" - hier wird die Parallele zum Christentum zum ersten Mal sehr deutlich. Seine Bezugsfiguren erklären Neo allerdings, er würde noch viel an sich arbeiten müssen, um als Auserwählter zu gelten. Eine andere Person, die allerdings erst nur als Programm in der Matrix existiert, stellt sich als sein böser Gegenpart heraus - der aggressive Agent Smith.

Was bedeutet die "Matrix" für unsere Realität? Natürlich können wir beruhigt davon ausgehen, kein Opfer solch einer visuellen Scheinwelt zu sein. Was jedoch nicht bedeutet, wir wären freie Individuen. Vielmehr macht Tilman Knechtel uns klar, die dargestellte Form einer Simuation als eine Allegorie zu begreifen, um die reale Situation der Menschheit zu umschreiben. Wie eingangs beschrieben nimmt die Kontrolle über die Bürger, praktisch egal welchen Staates, extrem zu, wobei die Privatsphäre immer mehr eingeengt und eines Tages verschwinden wird. Damit die selbsternannte "Elite" in fernen Tagen mit uns machen kann, was sie will. Dies verdeutlicht ebenso die massive Symbolik im Film: beispielsweise läuft der Pass von Thomas Anderson ausgerechnet am 11.9.2001 ab, und seine Wohnungstür trägt die stolze Nummer "101", was stark an "1984" des George Orwell erinnert. Der Name "Trinity" steht für die "Dreifaltigkeit, "Morpheus" für den griechischen Gott der Träume.

Neo kämpft mit Smith, Foto: rottentomatoes.com

Teil 2: Warum sind wir in der Matrix?

Im zweiten Film der Reihe namens "Matrix Reloaded" wird deutlich, dass es überhaupt keine Prophezeiung gegeben hat und somit auch keinen Auserwählten. Was Morpheus fast ganz aus der Fassung bringt. Denn der "Architekt", das Master-Programm der Matrix und geistiger Anführer der Maschinen, klärt Neo auf, dessen einzige Mission sei der Neustart der Matrix (deshalb der Titel "Reloaded"). Offenbar gab es vorher schon fünf andere Versionen einer Matrix, welche allerdings aus Sicht der Maschinen nur fehlerhaft funktionierten und daher stets einer neuen Fassung bedurften. Und Neo solle nun die siebte und letzte Ausgabe neustarten. Andernfalls, so droht der so genannte "Architekt", würde die unterirdische Stadt "Zion" - die letzte Zuflucht der noch freien Menschen - von den Maschinen zerstört und so die Menschheit vernichtet werden. Die freie Wahl ist somit auf Neo's Seite.

Das Problem der Maschinen: Deren Repräsentanten im Film wie der "Merowinger" (ein sehr böses, teuflisches Programm) glauben nämlich nur an das Gesetz der Kausalität, das aus A dann B folgt und aus B danach C. Dem entgegen steht die Sicht von Neo, Trinity und Morpheus: Anders als die Geräte annehmen, verfügen die Menschen dank ihrer Instinkte über die freie Entscheidung im Leben, was sie für die stählernen Herrscher reichlich unberechenbar macht. Daher begreifen der "Architekt" und der "Merowinger" nicht, wie Neo handelt. So bezeichnet das Master-Programm ihn als einen "Fehler im System", der allerdings den Machern der Simulation im Endeffekt hilft, diese noch effektiver zu gestalten. Was tut Neo? Er glaubt an seine eigenen Instinkte und entscheidet sich für den Kampf und gegen den Neustart der Matrix. Denn er will sowohl die Stadt Zion retten als auch alle anderen Menschen, die noch in der Scheinwelt gefangen sind. Nicht weil es logisch oder vernünftig wäre, sondern weil er an die Richtigkeit seines eigenen Handelns glaubt.

Übrigens erweist sich der "Architekt" als ein Ebenbild von Edmond Rothschild, laut Knechtel der "wahre Gründer von Israel". Zufall oder Notwendigkeit? Seit Jahrzehnten wissen wir, dass die High Society unseres Planeten - in Gestalt der internationalen Hochfinanz und des Hochadels (unter Regie des Schwarzen Adels von Genua und Venedig) - die Geschicke der Welt rigoros lenkt. Tatsächlich sollten wir daher auch einen so genannten Masterplan dieser Kreise erwarten. Folgen wir der Allegorie weiter, heißt dies, dem Rothschild-Clan die eindeutige Chef-Position zuzuweisen, mit freundlicher Mithilfe weltweiter Kollaborateure wie den Rockefellers, den Warburgs und wie sie alle heißen. Somit gelten diese Kreise als die Architekten unseres heutigen Kontrollsystems, mit eingebauter "freier Entscheidung" - nämlich den Parlamentswahlen.

Was uns zur Hauptfrage führt, warum wir uns in einer Art Matrix befinden. Der Autor Knechtel analysiert den Film so, dass wir - zirka 99 Prozent der Bevölkerung - ernsthaft an das System der Herrschaft und unserer Art der "Demokratie" glauben, dass uns die durchgeführten Wahlen letztendlich in eine grundsätzlich bessere Welt führen. Es müsse nur der richtige "Führer" kommen, welcher die "richtigen" Befehle gibt und uns auf diese Weise den Weg in das Land ebnet, in dem Milch und Honig fließt. Darin besteht anscheinend die "Religion des aufgeklärten Westens". Was die Frage aufwirft, in welcher Gesellschaft wir eigentlich leben.

Neo - bereit für Fight, Foto: rottentomatoes.com

Teil 3: Wie entwischen wir der Matrix?

Die Antwort auf diese wichtige Frage gibt der dritte und letzte Film der Reihe - "Matrix Revolutions". Hier findet der Kinobesucher erneut jede Menge Action, die die wahre Botschaft leider etwas vernebelt. Aber bei genauem Check lugt sie, wie schon im Film Zwo, hinter jedem Bild hervor.

In Teil 3 nimmt das ultraböse Programm "Merowinger" den Helden Neo gefangen, wird aber von Morpheus und der grazilen Trinity frei gepresst. Abermals führt ihn der Weg zum so genannten "Orakel" - eine eher gutmeinende Software in Gestalt einer netten, älteren Dame -, welche die Balance zwischen Kausalität und Instinkt in der Matrix regelt. Doch sie spürt, wie die Kontrolle ständig zunimmt, und somit sich das Virus - in der Person von Agent Smith, der mittlerweile in der realen Welt auftaucht - ständig weiter ausbreitet. Das Orakel merkt, dass auch die Schöpfer der Matrix mittlerweile bedroht sind.

Daraus zieht Neo die Konsequenzen und bleibt zunächst in der Simulationswelt. Auch weil die Maschinen inzwischen die Stadt der Menschen "Zion" attackieren. Sein Ziel: ein Gespräch mit dem so genannten "Maschinengott", um ihm einen Deal anzubieten: Er stoppt Agent Smith und bekommt dafür eine Garantie für die Sicherheit von "Zion". Die Computer schlagen ein, und Morpheus und alle anderen in "Zion" beobachten den Rückzug der Retorten-Soldaten. Jedoch zahlt Neo einen hohen Peis, opfert sich im Kampf gegen seinen direkten Gegner.

Als Moral der Geschichte bietet Tilman Knechtel seinen Pfad raus aus der Matrix: Der Publizist rät den Menschen, sich bewusst gegen jede Form von Kontrolle zu entscheiden, weil es moralisch der einzig gangbare Weg sei. Egal, wie der Kampf ausgeht. Somit bietet eiskalte Logik und Kausalität keine Lösung für die Freiheit der Menschen.

Hier meldet sich auch das Christentum zu Wort: Neo symbolisiert Jesus, den Menschensohn, der für die Menschen am Kreuz gestorben ist und ihnen den Weg gewiesen hat. Allerdings geht Knechtel darüber hinaus, wagt die These, es gäbe keinen speziellen Auserwählten. Jedem käme in diesem Sinne nämlich diese Rolle zu, falls er sie erkenne und im Sinne der Freiheit handle.

Wie weit sich Knechtels These mit den Lehren des Christentums überlappt, scheint im Ansatz schwer abschätzbar. Und ob der Neustart der Matrix im Film die Menschen gradwegs ins Licht führt, bleibt ungewiss. Auch wenn der "Architekt" abschließend formuliert: "Ja, könnte sein, dass die in der Simulation gefangenen Leute noch rauskommen." Fazit: Eiskalte Kausalität und Logik bringen den Menschen um alles, was zu ihm gehört, wie beispielsweise Freiheit, Gefühle und Privatleben. Als einziger Ausweg bleibt dem Einzelnen nur die bewusste Entscheidung, für die genannten Werte einzutreten.

Joachim Eiding

Quellen: Dokumentation, Tilman Knechtel - Filme: Matrix, Matrix Reloaded, Matrix Revolutions, Regie: Lana und Lilly Wachowski

 

music4ever.de - Extra - Nr. 111 - 04/18