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Chris Montez

Der junge Chris Montez, discogs.com

Im Juli des Jahres 1974 - zu einer Zeit, als es noch gute Musik gab - kündigte der damalige WDR-Redakteur und Moderator Roger Handt, in Vertretung von Wolfgang Neumann, eines Samstags in der WDR-Schlagerallye den Interpreten Chris Montez wie folgt an: "Ich glaube, er ist ein halber Mexikaner." Schon erstaunlich, der Sänger hatte also einen spanisch klingenden Namen, erblickte jedoch in Los Angeles - allerdings im eher spanisch geprägten Stadtteil Hawthorne - als Ezekiel Christopher Montanez das Licht der Welt. Und der Titel des Songs "Ya no piensas" versprach einen Text in dieser Sprache; allerdings sang Chris Montez dieses nette, heitere Lied fast komplett auf Englisch. Dasselbe im Vorjahr: 1973 hieß sein Superhit "Ay no Digas", auch hier der Text in englischer Sprache. Es lohnt daher, diesen Sänger genauer unter die Lupe zu nehmen und zu schauen, was aus ihm geworden ist.

Let's dance

Ein erster Blick in seine Biographie lockt zu Tage: Chris Montez behauptet sich schon länger im Pop-Business, als mancher glauben mag. Nachdem der junge Musiker zu Beginn der 60'er seine eigene Band gründete, stieß er auf einen gewissen Jim Lee, seines Zeichens Inhaber der Plattenfirma "Monogram Records". 1961 nahm ihn dieser bereits unter Vertrag. Schließlich erschien im Februar des folgenden Jahres seine erste Single-Platte "All you had to do", aus eigener Feder. Doch mehr als ein Achtungserfolg sprang für Montez nicht dabei heraus. Weitaus besser machte es der Nachfolger "Let's dance", ein Vierteljahr später auf den Plattentellern. Wie eine Rakete zischte der Tanzsong immerhin auf Platz Vier der US-Billboard-Charts, auch als die "Hot 100" bekannt. Selbst im Ausland mutierte das kleine Vinyl zum Kassenschlager. Und weltweit ging der Titel über eine Million mal über die Ladentheke.

Für einen echten Newcomer, so staunte die Fachwelt, ein ziemlicher Erfolg. Und "Let's dance" sollte kein so genanntes "One-Hit-Wonder" bleiben: Ende 1962 brachte sich die nächste Single, das wiederum selbst komponierte "Some Kinda Fun", gezielt in Stellung und schaffte ebenfalls den Sprung in die hiesigen Charts. Der aufkeimende Ruhm sicherte Chris Montez zahlreiche Auftritte in diversen TV-Shows und Festivals. Gern auch an der Seite des damaligen Stars Sam Cooke. Auf Sonnenschein folgte Regen; dem noch jungen Interpreten verhagelte es gehörig die Petersilie. Denn in den folgenden Jahren, immer noch bei "Monogram" unter Vertrag, sollte sich nämlich (bis 1965) kein Charttreffer mehr einstellen. Von den Plattenbossen enttäuscht, wechselte Chris Anfang 1965 zu "A&M Records". Wie es das Schicksal so wollte, lernte er den begnadeten Trompeter, Produzenten und Firmengründer Herb Alpert kennen, welcher fortan einige seiner Songs produzierte.

Comeback dank Herb Alpert

Flugs änderte der erfahrene Alpert den Stil von Chris, brachte ihm zwecks angebrochener Beat-Ära eingängige Softballaden näher. Wie sich zeigte, verfügte Herb Alpert über einen guten Riecher. Denn alsbald lasen die Musikfans Chris' Namen wieder in den Hot 100 und legten seine Scheiben auf den Teller. Mit der Kurzrille "Call me" kehrte Chris Montez zurück ins Rampenlicht der Musikwelt. Der Nachfolger "The more I see you" übertraf den Song sogar noch, eroberte Rang 16 der Billboard-Charts und landete auf der britischen Insel mit einem guten 3. Platz. Leider wiederholte sich sein Misserfolg, und er kehrte "A&M Records" ebenfalls den Rücken und fand erst 1972 ins Musik-Geschäft zurück. Er ging bei "CBS International" an Bord, veröffentlichte ab da lockere Pop-Songs in englischer und spanischer Sprache. Mit dem neuaufgelegten "Let's dance" meldete er sich im Vereinigten Königreich auf Rang 10 zurück. Es folgte im Ansatz erfolgreiche, leichte Ware wie "Ay no Digas" und "Ya no piensas", hauptsächlich für den europäischen Markt. Doch danach verschwand Chris Montez aus den Hitparaden dieser Welt. Es schien, als habe er den Zenit seiner Karriere bereits überschritten.

Der Chris von heute, chrismontez.com

Ein Musical als Ehrung

Was wurde aus Chris Montez? Die Annahme, der Sänger beträte nie wieder eine Show-Bühne, erwies sich als trügerisch. Zunächst veröffentlichte er im Jahr 1983 bei dem Independent Label AYM ein komplettes Album in spanischer Sprache, welches leider den Anschluss an die Charts verpasste. Nach über 20 Jahren plante die Film-Gesellschaft "Frozen Pictures" 2008 einen Musical-Film über das Leben und die Karriere von Chris Montez. Ein Jahr darauf lief der Streifen "El Viaje Musical de Ezekiel Montanez: The Chris Montez Story" zum ersten Mal vor großem Publikum. Den Rahmen bildete das Paso Robles Digital Film Festival im kalifornischen Paso Robles. Auch 2010 beim "Fest For Beatles Fans" in New Jersey im März des Jahres und im Mai während des "Pacific Palisades Film Festival" in California präsentierten die Macher ihr Werk. Später engagierte sich der Musiker mit Migrationshintergrund in Mexikanisch-Amerikanischen Organisationen. Was bleibt, ist das Phänomen eines Vollblut-Musikanten, der sich lange vor den Doors und den Beach Boys trotz seiner Herkunft künstlerisch etablierte und mit wichtigen Songs wie "Let's dance" Musikgeschichte schrieb.

Joachim Eiding

Quellen: www.chrismontez.com - www.last.fm/music - tunes.apple.com

 

music4ever.de - Was macht eigentlich ... - Nr. 101 - 08/16