"I am the God of Hellfire and I bring you FIRE!!" Mit diesem Kampfruf betrat einst der britische Musiker Arthur Brown mit seiner Truppe "The Crazy World of Arthur Brown" Englands Bühnen und erntete Ende der 60'er reichlich Verwunderung. Seine Show bot allerlei extrovertierte Gimmicks, ließ sich Brown sogar im Teufelslook, eine Flammenkrone auf dem Haupt, von einem Kran auf die Bühne hieven. Trotz oder gerade wegen seiner extravaganten Auftritte schossen seine Platten auf der britischen Insel und in den Staaten auf Spitzenpositionen. Dieser bemerkenswerte Künstler erblickte am 24. Juni 1942 in Whitby, Grafschaft Yorkshire, das Licht der Welt. Allerdings beteuerte er, sein richtiger Name sei "Zarathustra" und stamme aus einem typischen Yorkshire-Schloss. Mancher nahm dies sicher für bare Münze. Andrere hielten es für einen PR-Gag cleverer Musik-Bosse.
Wie auch immer, ein Blick auf das Leben dieses Tausendsassa und auf das, was aus ihm schließlich wurde, lohnt sich allemal. Schon sein Philosophie-Studium finanzierte Arthur mit Jobs wie Bücherpacker, Farmarbeiter, Tankstellenmann und auch Toilettenputzer. Doch dann schwebten dunkle Wolken über Brown: Die Universität von London verwies ihn von der Lehranstalt, weil er offenbar die Dozenten bei Vorlesungen und Seminaren durch seltsame, lautstarke Zen-Gebärden irritierte. Dagegen schaffte er zwar an der Hochschule in Reading sein Examen, verlor aber seine Stelle als Lehrer an einer Highschool bereits nach nur drei Wochen. Der Grund: Arthur Brown weigerte sich, sein damals langes Haar zu stutzen. Lieber hängte er seine Karriere als Pädagoge an den Nagel und kehrte dem Lehrbetrieb für immer den Rücken.
Hexenmeister mit Flammenkrone
Da zog es den jungen Musiker eher nach Paris, wo er sich auf den Bühnen diverser Nachtclubs, wie dort üblich, über die amerikanische Freiheitsstatue lustig machte, was das Publikum stets mit brausendem Beifall quittierte. Im Jahr 1966 formte er mit dem Bassisten Nick Greenwood, dem Keyboarder Vincent Crane und dem Drummer Carl Palmer - später mit Emerson, Lake & Palmer erfolgreich - seine Band "The Crazy World of Arthur Brown". Und dieser phantasievolle Name war Programm: Wie eingangs beschrieben präsentierte sich der inzwischen zum Star mutierte Engländer als eine Art musikalischer Teufel; davon kündet sein Outfit als Hexenmeister mit Flammenkrone. Dazu tat seine raue, unästhetische Stimme, die trotz allem einen Umfang von mehreren Oktaven aufwies, ihr Übriges. Dies mag vielleicht im heimatlichen Vereinigten Königreich ankommen; in den damals oft biederen USA erntete Brown mit seiner Bühnenshow oft blankes Entsetzen. So flohen eines Abends in Detroit Zuschauer panisch aus dem Saal, weil sie Arthur Brown tatsächlich für den Satan hielten. Während die Polizei seinen "für junge Leute schädlichen" Auftritt in Miami von vornherein verboten hatten.
Wie ging es musikalisch weiter? Auf ihren Touren zeigte sich, wie eng das Spektrum dieser Combo eigentlich war. "In zwölf Monaten haben wir keine einzige neue Nummer einstudiert", klagten Browns Mitstreiter Crane und Palmer. Daher verließen beide die Band und suchten nach neuen Ufern. Indessen versuchte Arthur, seine "Crazy World" mit neuen Leuten wieder aufzubauen, was jedoch kläglich scheiterte. Vor allem, weil der exaltierte Musiker bei einem Festival in Palermo auf der Bühne alle Hüllen fallen ließ, was den italienischen Carabineri kaum gefallen haben dürfte. Die Strafe folgte auf dem Fuß: Wegen "unsittlicher Entblößung" musste Arthur Brown das dortige "Café Viereck" besuchen. Folgende Versuche, musikalisch wieder Fuß zu fassen, trafen nicht den Geschmack der Platten-Konsumenten und verliefen im Sande.
Erst Weltreise, dann Schauspieler
Angeödet vom ständigen Misserfolg bestieg er einen Flieger und ging auf Weltreise. Während seiner Fahrt verweilte er auch in Israel, schlug bei der dortigen Armee die Klampfe. Mitte der 70'er kehrte er in seine Heimat zurück und besuchte eine Meditationsschule und ergatterte gar im Kinofilm von Pete Townshend's Rock-Oper "Tommy" eine kleinere Rolle. 1977 brachte Brown die Langrille "Chisholm In My Bosom" heraus, welche auf den Sänger Tiny Tim, auf das Musical "Hair" und Gospelmusik anspielte. Bei der Frage der Kritiker, ob es sich bei diesen Themen um Parodien oder das Original handelte, zuckte er nur die Schulter und gab vor, dies selbst nicht zu wissen. Zu Beginn der 80'er siedelte er nach Amerika über. "Ich wollte mich den Göttern auf andere Weise nähern", erklärte der Musiker. Für diesen Zweck ersann er ein eigenes Requiem, was den (vorläufigen) Abschied von der Musik bedeutete.
Müde vom Maskenball und Mummenschanz der letzten Jahre verkroch er sich in Austin, Texas, um fortan als Zimmermann seine Brötchen zu verdienen. Erst nach langer Zeit trat er den Rückweg via Europa an und startete sogar eine kleine Europa-Tournee, auf der er seinen 50. Geburtstag feierte. Ganz ohne Flammenkrone und magische Showeinlagen verstand er es immer noch vortrefflich, seine Fans zu begeistern. Und das bis heute: Im Winter des Jahres 2016 schmückten seine bunten Plakate die manchmal eher farblosen Litfaß-Säulen. Keine Frage, der "God of Hellfire" ist wieder da.
Joachim Eiding
Quellen: www.arthur-brown.com - www.discogs.com/de/artist/85470-Arthur-Brown - Das neue Rock-Lexikon, Barry Graves, Siegfried Schmidt-Joos und Bernward Halbscheffel, Rowohlt
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