Casting-Shows als Starthilfe für die eigene Karriere
- Daniel, Du hast 2009 DSDS gewonnen. Kurz gefragt: Hat es sich gelohnt?
Es hat sich für mich in dem Sinne gelohnt, dass ich durch DSDS auf professioneller Ebene Musik machen kann. Klar gibt es die negativen Seiten, wie die, dass viele in der Öffentlichkeit mich als Menschen auf DSDS reduzieren und dass ich von vielen Seiten wie Radio und teils auch TV boykottiert werde.
Im September 2009 ging die Meldung durch alle Gazetten, dass Dieter Bohlen dich nicht mehr unterstützt. Wie kam es dazu? Und was hat es mit dem "Killer-Instinkt" auf sich?
Diese Meldung war extrem dargestellt. Dieter meinte, ich sei einfach kein Mensch, der gegen andere schießt, um im Vordergrund zu stehen und der eben nicht über Leichen geht. Das ist für mich aber eine Sache, an der ich immer noch festhalte. Ich bin zwar jemand, der seine Meinung sagt, aber dabei verliere ich den Respekt nicht.
- Welches Verhältnis hast du heute zu Bohlen? Redet ihr noch miteinander?
Von Verhältnis kann man nicht sprechen. Wir sind keine Feinde, aber natürlich auch nicht die besten Freunde. Wir haben zusammen das erste Album gemacht, und danach gingen wir verschiedene Wege. Ich machen nun die Musik, die ich machen will, und er macht sein Ding.
- Wie geht es eigentlich bei DSDS hinter den Kulissen zu? Wie laufen vor allem das so genannte Recall - die aufs Casting folgende Veranstaltung - und die Live-Shows ab? Brauchen junge Künstler da Nerven wie Drahtseile?
Ich glaube, man braucht extrem gute Nerven. Man kann das selbst alles nicht so wirklich beeinflussen. Die Einspieler werden geschnitten, und wir sehen sie dann, wie das Publikum auch, erst in der Show. Das Extremste sind gerade im Recall die Wartezeiten, bevor man endlich erfährt, ob man eine Runde weiter ist. Das macht einen schon verrückt. In dieser Zeit ist man aber dauernd unter Druck und natürlich Beobachtung, und jeder kleine Fehler wird wahrgenommen. Aber schlussendlich ist es eine gute Vorbereitung auf die Branche, weil es dort noch härter zugeht. Heutzutage wird einem nichts mehr geschenkt. Man muss eben nach der Show versuchen, den Leuten da draußen zu zeigen, dass man wie in meinem Fall nicht nur der sensible Melancholiker ist, der in den Einspielern gezeigt wurde. Es wird von jedem Kandidaten eine Charaktereigenschaft herausgezogen, und dadurch geraten die anderen in den Hintergrund. Ich bin zum Beispiel die meiste Zeit nicht melancholisch, sondern gut drauf. Aber es ist verständlich, dass man nicht auf alle Facetten des Charakters eines einzelnen eingehen kann.
- Irgendwie sieht es so aus, als hättest du DSDS stimmungsmäßig den Rücken gekehrt. Oder wie dürfen wir die Äußerung, DSDS sei eine "Daily Soap", verstehen?
Das ist einfach eine neutrale Aussage und kein Lästern. Es ist ja Fakt, dass gerade in der letzten Staffel die Storys um die Show herum viel mehr Platz eingenommmen haben und in den Medien so gut wie nicht über die musikalischen Darbietungen diskutiert wurde. Und selbst RTL sagt ja, dass seit zwei Staffeln der Soap-Faktor in den Vordergrund gerät. Meine Meinung dazu ist halt, dass ich es schade finde, weil es defintiv mehr um die musikalische Seite gehen soll.
- Ein Kritikpunkt an DSDS war, dass dort nicht der Interpret die Musik aussucht, sondern der Produzent. Was unterscheidet den DSDS-Daniel vom Original?
Das ist eine Sache, die aber mittlerweile kein Geheimnis mehr sein sollte. Es gab schon diverse Ex-Kandidaten, die das gesagt haben. Man versucht halt jedem einen musikalischen Stempel zu geben, wie in meinem Fall zum größten Teil den des Balladensängers. Ich hätte gerne mal etwas Rockigeres gesungen, um eine andere Facette von mir zu zeigen.
- Ein Namensvetter und DSDS-Kollege hat über dich und auch andere DSDS-Kandidaten weitab vom Thema Musik öffentlich hergezogen. Ist das nach deiner Einschätzung die übliche Umgangsform oder eher die Ausnahme?
Ich kann mir schon denken, wer gemeint ist. Wenn er meint, er muss das tun, dann soll er. Ich denke, das Wichtigste in dem Ganzen ist immer noch, dass man singen kann, und nicht, ob man am extremsten auffällt oder nur darauf aus ist zu provozieren. Untereinander gibt es bei den DSDS-Leutchen, glaube ich, zumindest in der Öffentlichkeit keine extremen Anfeindungen. Jeder hat seine Meinung und die kann er sagen, aber man sollte halt immer auch bedenken, wie man es selbst gemacht hat und ob man selbst auch alles richtig gemacht hat.
- Gerade hast du mit "Nothing To Lose" ein neues Album vorgelegt. Wie schätzt du die Chancen deiner Songs ein? Fürchtest du nicht ein wenig, dass es dir so geht wie deinen Kollegen Alexander Klaws, Elli Erl und Tobias Regner?
Naja, Alexander Klaws nehme ich da mal raus. Er arbeitet mittlerweile als erfolgreicher Musicaldarsteller. Und das ist ein Job, der viel Energie und Talent beansprucht. Natürlich ist mein Album kein "Hit" wie das erste. Denn die Promotion, die ich damals hatte, bekomme ich natürlich jetzt nicht in dem Maße hin. Ich denke einfach, dass mein zweites Album das bessere ist, unabhängig von Chartplatzierungen und Verkäufen. Denn in diesem Album steckt sehr viel mehr von mir drin als im ersten, und es klingt moderner.
"Nothing to lose" ist ein Album, auf das ich sehr sehr stolz bin. Ich finde, wir haben es geschafft, meine Vielseitigkeit zu zeigen, und dass ich nicht nur auf Balladen zu reduzieren bin. Außerdem haben viele Songs wie beispielsweise "All we need is Love" und "Running through the Fire" 'ne tolle Message. Die Arbeit über fast ein Dreivierteljahr hat sich in diesem Fall für mich voll gelohnt. Auf dem Album ist für viele verschiedene Geschmäcker was dabei. Meinen Fans gefällt dies, und ich hoffe, dass viele "Nicht-Fans" sich einen Ruck geben und trotz ihrer eventuellen Abneigung gegen Castingshows einfach mal reinhören und vielleicht sogar der ein oder andere positiv überrascht ist, denn gerade bei diesen Personen habe ich nichts zu verlieren sondern kann nur gewinnen.
- Hast du für alle Fälle, falls sich deine CDs mal nicht mehr so verkaufen - was wir dir natürlich nicht wünschen -, einen "Plan B" in der Tasche?
Ich hab 'ne Ausbildung als Industriekaufmann abgeschlossen. Ich könnte entweder darauf aufbauen. Oder ich könnte studieren. Grundlegend werde ich aber, egal was passiert, immer - auch wenn es "nur" nebenbei wäre - Musik machen. Mal abwarten, vielleicht kommen ja auch noch andere interessante Dinge, die ich in Zukunft machen könnte. Ich bin ja auch mit 23 nicht so alt ;-)
- In welche Richtung möchtest du dich musikalisch langfristig orientieren?
Dadurch, dass ich vielseitig bin und mich verschiedene Richtungen reizen, kann ich das nicht genau sagen. Auf jeden Fall ist es mein Ziel, meine eigenen Songs irgendwann herauszubringen. Ich schreibe über Erfahrungen, die ich gemacht habe oder über Dinge, die mich beschäftigen. Vielleicht können sich ein paar Menschen damit identifizieren.
- Wie bewertest du heute nach deinen Erfahrungen Casting-Shows ganz allgemein? Und würdest du dich noch einmal bei DSDS bewerben?
Ich glaube, ohne alles drum herum zu bewerten, ist es Fakt, dass man auf einer Riesenbühne vor Millionen von Menschen sein Talent zeigen kann und beweisen kann, dass man ein guter Livesänger ist. Das Künstlerische kann man zu 100 Prozent erst danach finden. Ich würde mich also nochmals bei einer Castingshow bewerben, weil ich die Arbeit mit meiner Band und die Liveauftritte nicht missen will.
- Daniel, danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.
Das Interview führte Joachim Eiding.
Hier Daniels aktuelle Tour-Daten: ... ticketmaster.de/Daniel-Schuhmacher-tickets/artist/1014134 ...
music4ever.de - Interview - Nr. 50 - 11/10