Wer da glaubt, die Glam-Frontfrau Suzi Quatro käme - wegen ihrer großen Erfolge auf der britischen Insel - aus dem Vereinigten Königreich, irrt gewaltig: Die nur anderthalb Meter große Rock-Musikerin erblickte als Susanna Kay Quatrocchi am 3. Juni 1950 in der Autostadt Detroit, Michigan, das Licht der Welt (Sternbild Zwilling). Dort wuchs das spätere Teenager-Idol mit ihren zwei Schwestern, dem Bruder und den Eltern Helen und Art im Vorort Grosse Point auf. Günstig für Klein-Suzi, denn Daddy stand als Jazz-Musiker regelmäßig mit seiner Band "Art Quatro Trio" auf der Bühne. Im zarten Alter von acht Jahren gesellte sie sich dazu, erlernte später das Pianospiel, um sich mit 14 endgültig dem Rock'n'Roll zu verschreiben. Als "Suzie Soul" mischte sie munter bei den "Pleasure Seekers" mit, zupfte gar den Bass.
Diese Truppe, eher eine Garagenband, nahm bald schon einige Singles auf, als sie im Jahr 1971 auf den Londoner Platten-Produzent Mickie Most stieß. Der Label-Boss von "RAK Records" mochte den Sound der Gruppe und lud Suzi in seine Studios nach England ein. Dort begann für sie eine zweijährige Wartezeit, in der sie hauptsächlich Songs komponierte. Ihre erste Solo-Kurzrille "Rolling Stone" floppte Ende 1972 noch bei der BBC, schaffte jedoch im fernen Portugal den Spitzenplatz. Für Mr. Most Grund genug, auf die kleine Musikerin zu setzen und ihr auch eine eigene Band zu bauen. Der größte Coup: Bei ihm unterschrieben mit Nicky Chinn und Mike Chapman ("Chinnichap") zwei äußerst geniale Songwriter, die Mickie viele Millionen einbringen sollten. So schob der clevere Most den nächsten Titel gleich hinterher: "Can The Can" sprang in der BBC und auf dem Kontinent fast überall auf Platz Eins.
Ein Korb für Elvis
Was nun folgte, war Geschichte: Mit Glam-Krachern wie "48 Crash" (1973), "Devil Gate Drive" (1974), "The Wild One" (1974) und "If You Can't Give Me Love" (1978) aus der Feder von Chinn und Chapman mutierte Suzi als stets im engen Leder-Outfit gekleidete Powerfrau zu einer der ganz Großen im europäischen Pop-Business. Allein hierzulande heimste sie den Goldenen, Silbernen und Bronzenen "Bravo Otto" ein - alles Preise der Jugend-Zeitschrift "BRAVO". Ihr Ruhm wanderte sogar über den großen Teich: 1974 tourte sie im Vorprogramm der Hard-Rock-Band Grand Funk Railroad, ein Jahr darauf stand sie mit Bürgerschreck Alice Cooper auf der Bühne. Unglaublich, meldete selbst Elvis Interesse an. Angeblich freute sich der "King" über Suzis Version seines Klassikers "All Shook Up" und lud sie nach Graceland ein. Doch bedauerlicherweise gab sie ihm einen Korb: "Ich wies ihn dummerweise ab, weil ich ein wenig Angst hatte, meinen Helden zu treffen."
Souverän wagte sich die zierliche Gitarristin auch aufs Parkett des Theaters, wirkte in der US-Sitcom "Happy Days" mit. Ende der 70er Jahre verließ sie die Hallen von "RAK Records", blieb aber den Autoren Chinn und Chapman treu. Dies erwies sich als ein kluger Schritt: Zwar lag Suzi mit ihren kleinen Scheiben zeitweilig daneben, kehrte aber mit dem schönen Song "Stumblin' In", im Duett mit Smokie-Frontmann Chris Norman, 1978 in die Charts zurück. Worauf die Käufer sich an die Sängerin erinnerten und ihr Vinyl wieder wegging wie warme Semmeln. Ausgefeilte Softsongs wie beispielsweise "She's In love With You" (1979), "The Race Is On" (1979) und ebenso "I've Never Been In Love" (1980) fanden wieder den Weg in den Plattenschrank ihrer Fans. Vielleicht erscheint dies als Schlüssel zu ihrem Erfolg: Als sich nämlich namhafte Interpreten wie "Sweet" und "Mud" vom Erfolgsduo "Chinnichap" trennten, stiegen sie binnen kurzer Zeit in den Popkeller ab. Anders Suzi - sie vertraute ihnen weiterhin, mit Erfolg.
Rocking with Suzi Q
Schließlich erstaunte sie auch ihre Kritiker, die ihr stets vorwarfen, sie sei zu wenig orignell und spule nur ihr gut einstudiertes Rock'n'Roll-Repertoire herunter: Kein Geringerer als Andrew Lloyd-Webber engagierte Suzi 1985 für Irving Berlins Musical "Annie Get Your Gun"; sie bekam sogar die Titelrolle. Premiere war 1986 im Londoner West End Theatre. Damit schien ihre Liebe zum Mucical erwacht. Denn nach einigen Jahren komponierte sie ihr eigenes Opus "Tallulah Woo". Und auf BBC 2 moderierte die Kult-Rockerin die Radiosendung "Rocking With Suzi Q". Bis heute hielt Suzi Quatro der Musik die Treue, lässt sich gern auf diversen Oldie-Festivals blicken und rockt auch noch auf den großen Bühnen. Letztes Jahr nahm sie mit den weltberühmten Jordanaires - die jahrelange Begleitband von Elvis Presley - den Song "Singing With Angels" auf. Mancher mag sich nun fragen, wo denn die ehemalige Glam-Ikone heute lebt. Also, wenn Suzi nicht gerade ihr englisches Spukhaus bewohnt, weilt sie mit ihrem zweiten Ehemann, dem Tour-Promoter Rainer Haas, in Hamburg-Sasel. Unglaublich, aber wahr.
Joachim Eiding
Quellen: artistdirect.com - ee.surrey.ac.uk - enotes.com - glamrocking.co.uk - hr-online.de - jugi3.ch - lyricsfreak.com - musicline.de - musik-base.de - seite3.ch - sortmudic.com - spiegel.de - spirit-of-metal.com - starpulse.com - suziquatro.com - was-war-wann.de
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