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Country Joe McDonald

Country JoeFoto: concordmusicgroup.com

Was tut ein Musiker, wenn seine Songs auf der Bühne bei den Fans auf taube Ohren stoßen? So erging es dem kalifornischen Protest-Sänger und Gitarristen Country Joe McDonald am ersten Tag des legendären Woodstock-Festivals im August 1969. An jenem 15. des Monats erklomm Country Joe (in den USA ist dieser Name ein Synonym für Stalin) nur widerwillig die Bühne. Schließlich hatten ihm die Veranstalter erst kurz vorher gesteckt, dass er singen solle. Dabei fühlte er sich eigentlich an diesem Tag eher als Zuschauer. War doch sein eigentlicher Auftritt als "Country Joe & The Fish" erst zwei Tage später angesetzt. Und weil er keine Gitarre im Gepäck mitführte, verpassten ihm die Organisatoren kurzerhand eine Yamaha FG 150 und los ging's. Doch es sollte lange keine rechte Stimmung aufkommen. Da griff der listige McDonald zu einem Trick, rief ins Publikum: "Gimme an F" (deutsch: "Gebt mir ein F!"), worauf unten alles verstummte und ihm die Menge ein solches "F" entgegenschleuderte. Als dann noch ein "U", ein "C" und ein "K" folgte, intonierte der Musiker seinen "I-Feel-Like-I'm-Fixin'-To-Die Rag" und rettete seinen improvisierten Auftritt, zur Freude der Veranstalter.

Auf diese Weise bekamen die Kriegsgegner ihren Anti-Vietnam-Song, kurz später bei jeder Demo mit dabei. Doch dieses geschichtsträchtige Event, das übrigens gar nicht in Woodstock - US-Staat New York -, sondern im knapp 100 Kilometer entfernten Bethel (auf dem Gelände einer privaten Farm) stattfand, bedeutete den Anfang vom Ende der Band "Country Joe & The Fish". Denn die Protest-Gruppe erwies sich im harten Showbusiness als zu unbeständig. "Wie lehnen es ab, immer die gleiche Musik zu spielen, wir improvisieren. Um unsere Botschaft zu verkünden, ist uns jedes Stilmittel recht: Blues, Jazz, Raga, Ragtime und Rock. Und die Botschaft lautet: Lasst die Menschen leben. Stoppt den Hunger in den Slums, den Rassenterror in Harlem, den Krieg in Vietnam", erklärte der einstige Marinesoldat in einem Interview. Als dann noch seine Musiker kamen und gingen wie sie wollten, wandelte der am 1. Januar 1942 in Washington DC geborene Künstler schon bald auf Solo-Pfaden.

Country JoeFoto: noliesradio.org

Henry Miller in Clichy

Fortan nahm er die Folk-Alben "Thinking Of Woody Guthrie" und "Tonight I'm Singing Just for You" auf. Schließlich zog es ihn ins "gute alte Europa"; so entstand in London seine Langrille "Hold On It's Coming", auf der das Fleetwood Mac-Mitglied Peter Green mitwirkte. Im Anschluss komponierte McDonald den Soundtrack zum Kinofilm "Stille Tage in Clichy" - nach dem Roman des sinnenfrohen Henry Miller. Es folgten ein ziemlich schwerer Crash und eine schmerzhafte Scheidung, bevor der Musiker Mitte der 70er die textlich gemäßigte Platte "Paradise With An Ocean View" mit der ausgekoppelten Single "Oh, Jamaica" herausgab. Ab Anfang der 80er bereiste der Kultsänger im Rahmen einer Odyssee sogar Süddeutschland, wo er mit Wolle Kriwanek, dem "Pionier des Schwabenrocks", auftrat.

Weiterhin hielt der engagierte Künstler an seinen politischen Zielen fest, setzte sich für Natur- und Umweltschutz ein und verarbeitete die Folgen des Vietnamkrieges. Zu Beginn der letzten Dekade des alten Jahrtausends versank Country Joe für einige Zeit in der Versenkung. Fortan erschienen seine Platten nur noch sporadisch. So können Freunde seiner Musik Joes Songs nur noch über den Online-Shop seiner Website erwerben. Im Jahr 2004 gründete er die "Country Joe Band", um den Sound von damals wieder neu zu beleben.

Fidel Castro und Barack Obama

"Ich versuche, mich nicht zu sehr mit Politik zu beschäftigen. Meine Vorbilder sind spirituell ausgeglichene Menschen, die gute Arbeit in ihrem Lebensumfeld leisten", umreißt McDonald sein Credo. Trotzdem zeigt der Woodstock-Veteran noch Zähne - beispielsweise gegen die umstrittene Sparpolitik von Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Im Herbst 2005 verglich der US-Kommentator Bill O'Reilly Country Joe gar mit Fidel Castro, weil sich der Musiker auf die Seite der Gegner des Irak-Kriegs geschlagen hatte. Zuletzt machte er sich im US-Wahlkampf für Barack Obama stark, vermied aber mit Absicht provozierende Statements, wirkte erstmals recht zahm. Doch im Herzen bleibt er Optimist: "Ich bemühe mich, die Hoffnung nicht aufzugeben."

Joachim Eiding

Quellen: countryjoe.com - folker.de - faz.net - woodstock69.com - woodstock.com - berndboard.de - well.com - Das neue Rock-Lexikon, Barry Graves, Siegfried Schmidt-Joos und Bernhard Halbscheffel, Rowohlt

 

music4ever.de - Was macht eigentlich ... - Nr. 35 - 8/09