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Joy Fleming

Joy Fleming(joy-fleming.com)

Mancher, der sich nur selten mit Musik beschäftigt, würde "Neggabriggebluus" wohl eher mit einem exotischen Ausdruck ferner Fremdsprachen assoziieren als bei heimatlichen, bodenständigen Bluesklängen einzuordnen. Dabei ist dieses Werk - offiziell als "Neckarbrückenblues" bekannt - hierzulande der erste große Erfolg der deutschen Soul-Röhre Joy Fleming aus dem Jahr 1972. Die stimmgewaltige Sängerin, am 15. November 1944 im nordpfälzischen Rockenhausen als Erna Raad zur Welt gekommen, gelang mit diesem Volltreffer der Sprung ins Rampenlicht des Showbusiness. Denn mit diesem pfälzischen Mundart-Blues bewies Fleming, US-Musik und deutsche Sprache müssen sich nicht fremd gegenüberstehen.

Schon früh schnupperte die kleine Erna die Luft von Musik-Bühnen. Als 14-jährige gewann sie bereits mit dem Song "Ciao, Ciao Bambina" einen lokalen Liederwettbewerb. Zwei Jahre später begeisterte sie mit ihrer Jazz-Stimme in Mannheim stationierte GIs. Schließlich gründete sie 1966 die Band "Joy & The Hit Kids", die sich nach etwa fünf Jahren in "Joy Unlimited" umtauften. Nachdem die talentierte Sängerin die Gruppe 1972 verlassen hatte, tourten sie ohne ihre ehemalige Chefin durch die Lande.

Ein Lied kann eine Brücke sein

Und dann kam es zu einem Vorfall, bis heute von allen Schlagerfreunden heftig diskutiert: Joy Flemings Auftritt beim Grand Prix d'Eurovision de la Chanson 1975 in der schwedischen Metropole Stockholm. Ihr dargebotener Schlager "Ein Lied kann eine Brücke sein" gilt noch nach so vielen Jahren als der beste deutsche Beitrag zum großen Festival seit Beginn dieser Show. Komisch nur, landete Joys Song doch nur auf dem vorletzten Platz, in der gesamten BRD nur durch verständnisloses Kopfschütteln quittiert. Zahllose Legenden und Gerüchte machten die Runde. Jedoch schwören Experten darauf, Joy hätte bei der Kleiderauswahl sorgfältiger vorgehen müssen. Die Theorien, es sei eine politische Entscheidung gewesen, bleiben wohl für immer ohne Antwort.

Aber die "Brücke" bedeutete lange nicht das Ende ihrer Karriere. Dafür sorgte schon die geniale Langrille "Menschenskind" aus dem gleichen Jahr. Besonders hörenswert auch, wie Joy den Oldie "Fever" von Eddie Cooley und John Davenport auf ihre unverwechselbare Weise interpretierte - bei ihr hieß es dann "Fieber". Überhaupt, als ihre große Stärke galten deutsche Cover-Versionen englischer oder amerikanischer Originale. So schaffte sie es mit dem Titel "Halbblut" sogar bis zu Dieter Thomas Heck in die "Hitparade"; dieser Song ("Half-Breed") stammte ursprünglich von der US-Ikone Cher.

Joy Fleming(joy-fleming.com)

Der Titelsong fürs Glücksrad

1976 heiratete die Vollblut-Musikerin ihren Manager Bernd Liebenow; die Familie kehrte der Großstadt den Rücken, zog auf einen Bauernhof nach Hilsbach, in den südlichen Rhein-Neckar-Kreis. Künstlerisch folgten Tourneen durch Skandinavien, Frankreich, China, Japan, Argentinien und gar der Ex-DDR. Als Höhepunkt gründete sie im Jahr 1990 ihr eigenes Plattenlabel "Rö-Mo Records" sowie den Verlag "Rött'l Mouse". Obwohl als ihr eigentliches Metier die Jazz- und Blues-Musik galt, blieb sie dem Schlager treu, sang in dieser Zeit für das "Glücksrad" den Titelsong. Was für ihre Vielseitigkeit spricht.

So bewarb sie sich noch einige Male für den "Europan Song Contest"; 1986, 2001 und 2002 schaffte sie es gar bis in den deutschen Vorentscheid, scheiterte dann aber leider. Als sie es im Jahr 2007 nochmal versuchen wollte, zogen musikalische Gewitterwolken auf: Ohne Vorwarnung gab der NDR Frau Fleming einen Korb. "Die (der Sender; Anm. der Redaktion) hatten mich ermuntert. Und es hat lange so ausgesehen, als ob die mich als dritten Kandidaten nehmen würden", erinnert sich die Sängerin.

Wie jeder auf ihrer Homepage sieht, gibt sie noch heute gern Konzerte, kann einen vollen Terminkalender vorweisen. Die "mit allen Wassern des Soul und Blues gewaschene Drei-Oktaven-Stimme" begeistert noch heute die Musiksäle eines ganzen Kontinents. Auch wenn ihr vielleicht die ganz große Karriere versagt geblieben ist. Joy Fleming - der bodenständige Star. Sie gilt als lebensnah und aufgeschlossen. Und ihrer gefühlten Heimatstadt bis heute eng verbunden: "Ich denke mal, dass es so ist, dass auch die Mannheimer mich lieben, so wie ich die Mannheimer liebe und ohne Mannheim eigentlich nicht sein kann."

Joachim Eiding

Quellen: joy-fleming.com - videoregister.de - eurovision.ndr.de - biografien-news.blog.de - swr.de - rp-online.de - kv-events.de - mehrmannheim.de - klangderquadrate.de - monstersandcritics.de - gerwin.de - kues-magazin.de - munziger.de - aufrechtgehn.de

 

music4ever.de - Was macht eigentlich ... - Nr. 31 - 4/09