Gegen Mitte der 70er Jahre bot sich deutschen Fernsehzuschauern ein merkwürdiges Bild, das in Erinnerung bleiben sollte: Eine dunkelhäutige Sängerin aus den Staaten hauchte ein mehr als sinnliches Liedchen ins sündhaft teure Mikro: Im Song "Love To Love You Baby" simulierte sie insgesamt 23-mal den Koitus, viele Jahre vor "Harry und Sally". Irritiert, verärgert riefen damals Tausende beim staatlichen Sender an. Doch die Antwort: Die junge, talentierte Donna Summer, ursprünglich aus Boston, sei der zukünftige Star am Disco-Himmel. In der Tat, ihr Erfolg, der einst in der Isar-Metropole München begann, hielt bis zum heutigen Tag an. Doch in welcher Weise blieb der begabten Schwarzen das Glück treu und was macht sie heute?
Aus Boston zur Wiesn
Am Silvestertag des Jahres 1948 in Boston zur Welt gekommen, sammelte eine gewisse LaDonna Adrian Gaines ihre ersten Erfahrungen als Sängerin in einem Gospelchor. 1967 zog es sie zunächst nach New York, schließlich weiter in die Wiesn-Stadt München. Dort wirkte sie im Musical "Hair" mit, neben Reiner Schöne, Jürgen Marcus, Su Kramer, Jutta Weinhold und auch Ron Williams. Ihren bis heute bekannten Künstlernamen erhielt sie durch die Heirat mit dem Österreicher Helmuth Sommer. Nachdem Donna erfolgreich bei der Popgruppe "Family Tree" mitgeträllert hatte, stieß sie in einem Studio auf die zwei Münchner Platten-Produzenten Giorgio Moroder und Pete Bellotte. Von diesem Moment an zischte Donna Summer ab wie eine Rakete.
Moroder und Bellotte prägten ab Mitte der 70er den so genannten "Munich Sound", dessen Spuren bis nach Amerika reichten. Neben Penny McClean und der Gesangs-Combo "Silver Convention" erlangte auf diese Weise Frau Summer Weltruhm, stürmte gar die US-Billboard-Charts. Die Liste der Blockbuster erschien endlos: Titel wie beispielsweise "Lady Of The Night", "Could It Be Magic", "I Feel Love" und eben das eingangs erwähnte "Love To Love You Baby" gingen damals überall ab wie die Feuerwehr. Das Besondere beim Sechs-Minuten-Song "I Feel Love": Hier unterlegte Moroder Donnas laszivem Singen einen gelungenen Synthesizer-Loop.
Keine Eintagsfliege
Wer jedoch Donna eine Eintagsfliege nannte, erlebte die folgenden Jahre einen herben Schock. Obwohl sich die schwarze Sängerin mit dem ausdrucksstarken Mund vom Erfolgsduo Moroder/Bellotte trennte, traf sie musikalisch immer noch den richtigen Ton: Dafür sorgten schon die Hitparaden-Erfolge "She Works Hard For The Money" von 1983 und "This Time I Know It's For Real" sechs Jahre später. Für den zweiten Track zeichnete übrigens das USA-amerikanische Erfolgsteam "Stock Aitken Waterman" (SAW) verantwortlich. Einen kleinen Karriereknick musste Donna erdulden, als sie angeblich gegen Homosexuelle lästerte. Jedoch setzte sich die Sängerin Jahre später auf vielen Konzerten für den Kampf gegen Aids ein. Und auch politisch mischte Donna Summer mit, ging 1991 mit ihrem Song "Let There Be Peace" gegen den Zweiten Golfkrieg in Stellung.
Ihr lupenreiner Erfolgsweg lässt Kritiker gern verstummen: So gelang es Frau Summer überhaupt als erste Sängerin, ganze fünf Top-3-Hits in den US-Charts in einem Jahr unterzubringen. Ferner schaffte sie es, in vier Dekaden jeweils einen Nummer-Eins-Titel in den Billboard-Charts zu landen. Und, als sei dies noch nicht genug, kann sie als einzige Künstlerin weltweit drei fortlaufende Nummer-Eins-Doppel-Alben verzeichnen.
Die Malerin und ihre Buntstifte
Heutzutage ist Donna Summer, mittlerweile dreifache Oma, nach wie vor auf großer Tour. 2005 und 2006 durchquerte sie musikalisch die USA. Aber, was manchen erstaunen mag, sie lebt auch andere Facetten aus: So veröffentlichte sie im Jahr 2003 das Buch "Ordinary Girl" und hat sich als passionierte Malerin einen Namen gemacht. Ihre Gemälde bringen teilweise immerhin bis zu 15000 Euro. Da passt auch ihr aktuelles Studio-Album "Crayons" (Buntstifte) gut rein. "Oh, ich liebe es! Es ist großartig, ich bin die Queen", freut sich Donna Summer heute noch, spricht sie ein Journalist auf ihren Spitznamen aus den 70er Jahren an - "die Queen of Disco". Heute lebt Donna Summer auf ihrem Anwesen in Nashville, Tennessee.
Joachim Eiding
Quellen: wikipedia.de - wikipedia.org - donnasummer.com - donnasummer.org - donnasummer.it - donna-tribute.com
music4ever.de - Was macht eigentlich ... - Nr. 25 - 10/08