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Agnetha Fältskog

"Es ist unglaublich, dass Flugzeuge am Himmel bleiben. Wie ist das möglich? Sie sind so schwer. Sie haben so viele Schrauben", sinnierte ein sensibler Mensch 2004 in einem Interview mit der britischen Zeitung "The Sun". Offenbar jemand, der sich vorm Fliegen fürchtet. Hebt sich der Vorhang, erscheint eine sehr scheue, nachdenkliche Persönlichkeit: die blonde ABBA-Dame Agnetha Fältskog, die in den 70er und zu Beginn der 80er Jahre mit ihrer glasklaren Sopranstimme Millionen Fans verzückte. Auf diese Weise war sie ein wesentlicher Teil dieser schwedischen Popgruppe, die nach den Beatles als die erfolgreichste Band aller Zeiten gilt. Allerdings verbirgt sich hinter dem lächelnden Bühnengesicht ein stiller, bodenständiger Mensch, dem der ganze Trubel und vor allem die Fliegerei auf die Nerven ging.

AgnethaFoto: agnetha.net

Dabei startete sie ihre unvergleichliche Bilderbuchkarriere bereits im zarten Alter von sechs Jahren, als sie zum ersten Mal 1956 in ihrer Heimat auf einer Bühne stand. Schnell erlernte sie das Pianospiel, komponierte schon früh eigene Songs. Im Jahr 1966 sang sie in der Band "Bernt Enghardt's Orkestra". Ein Jahr später hörte der Talentsucher Karl-Gerhard Lundkvist ein Lied von Agnetha, worauf er ihr spontan einen Plattenvertrag anbot. So gelang der sympathischen Sängerin bereits Januar 1968 die erste Nummer Eins in den schwedischen Charts. Über Nacht wurde sie in ihrem Heimatland bekannt. Nach einem erfolglosen Intermezzo in Deutschland traf sie 1969 während einer Fernsehaufzeichnung einer Musik-Sendung den Komponisten Björn Ulvaeus, den sie am 6. Juli 1971 sogar ehelichte. Damit legte sie den Grundstein für den jahrelangen Welterfolg.

Waterloo in Brighton

Während sie noch lange ihre Solo-Projekte pflegte, konzentrierte sich Agnetha ab 1972 trotzdem auf die Arbeit in der Gruppe mit Ehemann Björn und dem anderen Ehepaar Anni-Fried Lyngstad und Benny Andersson. Vor allem der Sieg beim Grand Prix d'Eurovision da la Chanson (heute als "European Song Contest" bekannt) 1974 im britischen Seebad Brighton mit dem Ohrwurm "Waterloo" galt als ihr internationaler Durchbruch. Doch trotz anhaltender Erfolge entfernte sich Agnetha mental von der Gruppe. Der Grund: Sie wollte ihre zwei gemeinsamen Kinder mit Björn ungern allein lassen. Außerdem litt sie, wie eingangs beschrieben, unter Flugangst. So kam es auch, dass sie sich bis heute nie ins Ausland wagte. "Man kann auch mit dem Auto reisen", gibt sie aber augenzwinkernd zu.

Wie ging es künstlerisch nach dem Ende von ABBA Ende des Jahres 1982 für sie weiter? Zunächst nahm sie ihre Solo-Karriere wieder auf; Mike Chapman produzierte 1983 ihr Album "Wrap Your Arms Around Me". Der Titelsong war auch als ausgekoppelte Single recht erfolgreich, sprang in Südafrika auf die zweite Position und in den Niederlanden auf Rang Fünf. Auch andere Agnetha-Songs konnten sich sehen lassen: "The Heat Is On" mit Platz Eins in Skandinavien und Zwei in Holland. So erschienen bis 1988 weiterhin Longplayer und ganz passable 45er Scheiben, die immer mal in die oberen Bereiche der Hitlisten kamen, sich aber mit den ABBA-Hits leider nicht ganz messen konnten.

Anfang 1988 zog Frau Fältskog dann vorerst den musikalischen Schlussstrich, zog sich komplett aus der Branche zurück. Fortan residierte sie in einem Bauernhof auf Helgö, einer westlich von Stockholm gelegenen Insel. "Ich machte klar deutlich, dass ich dies und das tun kann, aber dass ich keine Fernsehauftritte wie in der Vergangenheit machen möchte. Das laugt mich aus und ist zu schwierig für mich. Ich denke, jeder hat das verstanden", erklärte Agnetha ihren damaligen Entschluss.

Agnetha und der Stalker

Privat stand ihr Glück lange Jahre im Schatten des Lebens: Nach der Scheidung von Björn Ulvaeus scheiterten viele kurzzeitige Affären. 1990 heiratete sie den schwedischen Arzt Tomas Sonnenfeld, trennte sich aber nur drei Jahre später wieder von ihm. Ihr Pech gipfelte in einer äußerst merkwürdigen "Beziehung" zu dem Niederländer Gert van der Graaf, einem Gabelstaplerfahrer. Erst verliebte sie sich wohl in ihn, um ihm nach kurzer Zeit den Laufpass zu geben. Irgendwie bekam van der Graaf damit Probleme, mutierte zu einem echten Stalker, lauerte Agnetha bei jeder Gelegenheit auf. Nachdem er sogar in ihr Anwesen eingedrungen war, brummten ihm Gerichte hohe Geldstrafen auf. Mehrmals schob ihn der schwedische Staat in die Niederlande ab, zuletzt im Jahr 2003. Allerdings sahen Passanten ihn erneut 2005 in der Nähe von Fältskogs Wohnort.

Fritz RauFoto: agnetha.net

Will sie noch einen weiteren Versuch starten, sich an einen Mann binden? "Ich lebe als Single. Aber ich habe viele Freunde und darunter sind auch viele Männer", witzelte sie in einem Interview. Musikalisch wagte sie 2004 ein Comeback, brachte die CD "My Colouring Book" auf den Markt. Das Album hält Cover-Versionen vieler Songs von Sängerinnen wie Cilla Black, Sandie Shaw, Connie Francis, Dusty Springfield und Petula Clark parat. Daneben gibt's auch bekannte Evergreens wie "When You Walk In The Room", "Fly Me To The Moon" und "Sealed With A Kiss".

Sehr oft beklagte sich Agnetha, die Medien würden sie aus ihrer Sicht völlig falsch darstellen: Demnach sei sie eine Einsiedlerein, die sich von jeder Zivilisation abgekapselt habe. Die Presse verglich sie deshalb bereits mit Greta Garbo. Gern wollen wir dazu beitragen, dass Agnetha nun im richtigen Licht erscheint. Daher: Sie lebt zwar, wie schon gesagt, auf einem Gutshof, scheut aber nicht die Menschen. So besucht sie schon mal die Stockholmer Märkte, kauft ein, freut sich über jeden Autogrammwunsch. Agnetha Fältskog - eine bodenständige Frau, die ihr Leben ohne den Presserummel gestalten möchte. Recht hat sie. Respekt!

Joachim Eiding

Quellen: wikipedia.de - abba-intermezzo.de - whoswho.de - home.arcor.de/abba-fanpage - abba.de - agnethaarchives.com<(i>

music4ever.de - Was macht eigentlich ... - Nr. 21 - 6/08