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Unlucky Lucky Dube - Tod in Rosettenville

Kürzlich erreichte uns die schreckliche Nachricht, dass der südafrikanische Reggae-Künstler (einer der besten der Welt, zusammen mit Alfa Blondy und Tiken Jah Fakoly) am Donnerstag den 18. Oktober 2007 gegen 20 Uhr im Alter von 43 Jahren auf offener Strasse ermordet wurde.

In der Presseverlautbarung der Polizeisprecherin Cheryl Engelbrecht von Johannesburg hieß es am Freitagmorgen: Lucky Dube wurde gestern Abend in Rosettenville (einer südlichen Vorstadt von Johannesburg) von Unbekannten getötet, die sein Auto stehlen wollten. Der Vorfall ereignete sich, als der Sänger gerade seinen 15-jährigen Sohn bei einem Onkel absetzen wollte. Auch die 16-jährige Tochter befand sich im Auto. Die Kinder blieben körperlich unversehrt, standen aber unter Schock. Nach Polizeiangaben gaben die Täter in Folge mehrere Schüsse auf den Musiker ab. Die Polizei sucht nach drei Verdächtigen.

Der befreundete Musiker Mzwakhe Mbuli erschien als einer der ersten am Tatort. Die Musikbranche sei einer ihrer Legenden beraubt worden, sagte er der französischen Nachrichten-Agentur Agence France-Presse (AFP). "Ich bin am Boden zerstört. Lucky Dubes Musik war international eine große Erfolgsgeschichte. Die Kriminalität in Südafrika ist außer Kontrolle geraten", mutmaßte Mbuli.

Scheint zu stimmen, bei zirka 50 Morden pro Tag (fast 20.000 im Jahre 2006), davon 46 im Zusammenhang mit "Car Hijacking" (Autodiebstahl). Von der oppositionellen Inkatha-Friedenspartei wird der Regierung Apathie (Handlungsunfähigkeit) beziehungsweise völlig unzureichende Maßnahmen vorgeworfen.

Soweit die ersten Informationen - aber sie genügen uns nicht!

Bei einem so begnadeten Musiker wollen wir schon ein wenig mehr wissen.

Ein Blick hinter die offizielle Version

Zunächst aber fragte sich doch jeder, warum musste dieser Rebell, der mit so viel Nachdruck gegen Apartheid, Korruption und Kriminalität kämpfte, gegen bekanntermaßen so gefährliche Räuber sein Auto verteidigen. Wurde er ein Opfer seines Mutes? Warum erkannte er die akute Gefahr nicht und überließ ihnen freiwillig das Auto, um sein und das Leben seiner Kinder nicht zu gefährden?

Er hätte sich doch leicht wieder einen neuen Wagen kaufen und weiterleben können. Das war mein erster Gedanke und vielen anderen ging es ähnlich. Seine Freunde bestreiten jedoch die offizielle Version.

Bei meinen Recherchen stieß ich auf englische Meldungen, aus denen klar hervorgeht, dass er gar keine Chance gehabt habe. Es wurde gar nichts verhandelt. Drei Männer näherten sich ihm und eröffneten das Feuer. Von drei Kugeln schwer verwundet wollte er noch mit dem Auto entfliehen, rammte einen anderen Wagen und landete an einem Baum, wo er verstarb. Die Täter flüchteten in einem blauen Volkswagen und ließen Dubes Wagen zurück.

In einer französischen Meldung heißt es, dass es ein Racheakt (Réglement de Compte) gewesen sei, als Folge eines persönlichen Streits. Das wurde aber als Vermutung (offenbar mit Kenntnis von näheren Einzelheiten), aber nicht als Tatsache vorgetragen.

Diese beiden Meldungen widersprechen sich absolut nicht, ergänzen sich vielleicht sogar. Wenn etwas daran ist, dann erklärt es die brennende Frage nach dem "falschen Helden", disqualifiziert aber das Raub-Motiv.

Andere Hinweise aus dem Internet besagen, dass die beiden Kinder bereits den Wagen verlassen hatten, als er attackiert wurde. Nur ein kleines Detail - aber es relativiert die offizielle Polizeiaussage.

Es sind also die spärlichen und ungenauen Polizei-Informationen, die uns zu der möglicherweise falschen Schlussfolgerung geführt haben. Die ganze Wahrheit darüber wird wohl erst bekannt, wenn die Täter gefasst wurden. Angesichts der Tatsache, dass die Kriminalität sich in einem so hohen Maße hat ungehindert ausbreiten können, erscheint dies aber äußerst fraglich. Lucky Dube ist nur das prominenteste Opfer der alltäglichen Gewalt am Kap.

Neben seiner frisch verheiratet Frau Zanele Mdluli (die zweite oder dritte) hinterlässt er insgesamt sieben Kinder: Bongi, Nonkululeko, Thokozani, Laura, Siyanda, Philani und das gerade mal drei Monate alte Baby Melokuhle.

So genug davon. Das war "nur" sein Ende. Sein Leben ist bedeutend wichtiger!

Lucky: Name und Programm

Mit vollem Namen hieß er Lucky Philip Dube und wurde am 3. August 1964 in Ermelo geboren, im östlichen Transvaal und heutigen Distrikt Gert Sibande in Mpumalanga (zirka 150 Kilometer westlich von Johannesburg).

Den Vornamen Lucky (Glücklicher) bekam er mit einem halben Jahr, weil sein älterer Bruder starb und es lange so aussah, als würde er ihm nachfolgen. Eine andere Version dazu sagt, dass seine Mutter Sarah vor ihm schon einige Fehlgeburten hatte und sie glaubte, dass sie keine (lebenden) Kinder bekommen könne.

Egal was davon jetzt stimmt: Lucky ist ein schöner Name und Programm zugleich.

Der Nachname Dube (sprich "Doo-bay" und nicht englisch "Djub") entstammt einem Stadtteil von Johannesburg.

Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Die alleinerziehende Mutter überließ ihn und seine Geschwister Thandi und Patrick der Obhut seiner Großmutter, um Geld zu verdienen. Lucky selbst musste ebenfalls schon als Kind arbeiten, zu Lasten seiner Ausbildung.

Später, als er zur Schule ging, wurde sein musikalisches Talent im Schul-Chor sichtbar: Spontan übernahm Lucky die Führung desselben, als der bisherige Chorleiter ganz plötzlich nicht mehr zur Verfügung stand. In dieser Zeit setzte er sich auch erstmals mit Rastafarianismus auseinander, der "Religion für Schwarze" mit dem geistigen Oberhaupt Haile Selassie.

Künstlerpech

Als er in einem schulischen Geschirrschrank Musikinstrumente entdeckte, gründete er mit einigen Freunden "The Sky Way Band". Sie musste sich leider wieder auflösen, als die Instrumente von einem Lehrer zurückgefordert wurden. Künstlerpech!

Noch in der Schule verbündete er sich mit seinem Vetter Richard Siluma - sein späterer Manager - und gründete die "Love Brothers". Ihre Musik war von den damaligen südafrikanischen Musiker wie den "Soul Brothers" und den "Mahlathini und den Mahotella Queens", die "Mbaqanga" in lokalen Treffpunkten spielten, stark beeinflusst. Mbaqanga, basierend auf Zulu-Musik beziehungsweise -Sprache, war die populäre Musik der südafrikanischen Townships der späten 50er bis 70er Jahre, nachdem das Saxofon die Pennywhistle - eine spezielle Flöte - als Leadinstrument ersetzt hatte. Wie praktisch: Der Vetter arbeitete als Produzent bei Teal Records (wurde später zu Gallo) und sorgte dafür, dass sie ein Album herausbringen konnten. 1981 erschien "Lengane Ngeyethu".

Nach der Schule wollte er Medizin an der Kwazulu Natal Universität studieren. Doch die Musik gab er nicht auf. Im Gegenteil, er wurde Musiker, nicht Doktor. Bis 1987 entstanden fünf weitere Mbaqanga-Alben - das letzte "Umadakeni" - und die Band erlangte landesweiten Erfolg. Im Vorjahr brachte er eine satirische Kassette "Help My Krap" heraus, die er in Afrikaans gesungen hat, allerdings unter dem Pseudonym Oom Hansie.

Reggae mit dem Rabbi

Danach zeichnete sich ein bedeutsamer Entwicklungsschritt ab: Er konzentrierte sich als erster südafrikanischer Musiker auf den jamaikanischen Reggae, da ihn dieser Stil von der lokalen Ebene aufs internationale Parkett hievte. Und mit englischem Text öffnete sich die ganze Welt für seine Botschaften. Gleichzeitig - oder war es vielleicht auch die Ursache - interessierte sich die Musik-Industrie für ihn. Zusammen mit dem Toningenieur David "Rabbi" Segal entstand 1984 das Mini-Album "Rastas Never Die" - erst ein Riesenerfolg, schließlich aber wegen der Kritik an der Apartheid verboten. Ein Jahr später folgte das zweite Mini-Album "Think About the Children". Damit legte er den Grundstein, erfolgreichster Musiker in Südafrika zu werden.

Als dann 1987 sein erstes großes Reggae-Album (nicht mehr Mini) "Slave" erschien, wurde es über eine halbe Million Mal verkauft und bescherte ihm dank der politischen Aussagen gegen das Apartheid-Regime eine treue Fan-Gemeinschaft. Ein Jahr später erschien es auch in Frankreich, wo er dann auch selber auftrat, wie danach auch in den USA. Der Sprung in die internationale Anerkennung war vollzogen.

1989 brachte er das Album "Prisoner" auf den Markt und es wurde über eine Million Mal verkauft. Manche sagen, es wäre sein bestes Album.

Zwei Jahre später wurde Lucky Dube von der Reggae-Gemeinschaft in Jamaika anerkannt und als erster südafrikanischer Musiker zum "Reggae Sunsplash Festival" eingeladen.

Ebenso trat er mit Peter Gabriel auf - 1992 beim WOMAD-Festival. Im folgenden Jahr erschien sein Album "Victims", das ebenfalls mehr als eine Million Male verkauft wurde. Diesem folgte 1995 das Werk "Trinity". Und so ging es weiter. Sein letztes Album "Respect" erschien 2006.

Mainstream-Reggae mit Mbaqanga-Elementen

Dube galt als Vertreter des Mainstream-Reggae, auch wenn er diesen mit Mbaqanga-Elementen bereicherte. In seiner Heimat Südafrika zählte er zu den populärsten Musikern überhaupt, neben Miriam Makeba oder Johnny Clegg. Innerhalb Afrikas teilte er sich den Ruhm als bester Reggae-Künstler zusammen mit Alfa Blondy und Tiken Jah Fakoly, beide aus der Elfenbeinküste. Auch weltweit gilt er als einer der besten Interpreten dieses Genres.

Er gab Konzerte auf Bühnen in Afrika, Europa und den USA, teilweise auch gemeinsam mit anderen Stars wie Peter Gabriel, Sting, Sinead O'Connor, Michael Jackson und Celine Dion, gewann über 20 internationale und nationale Auszeichnungen und produzierte etwa ebenso viele Alben. Ein Großteil seines Erfolges begründet sich sicherlich auch auf seine Botschaften, zumindest in den betroffenen Ländern. In Europa und den USA, wird man (meiner Meinung nach) eher seiner Musikalität den Vorzug gegeben haben.

Ich habe seine Musik kennen und schätzen gelernt durch den Song "Slave", den ich vor etlichen Jahren auf einem Afrika-Sampler fand und seine eindrucksvolle Stimme hatte sich sofort in mein Gedächtnis eingraviert.

Seine kritischen Botschaften hörten nicht mit dem Ende des Apartheid-Regime auf, sondern waren immer schon sozial und politisch.

Bestes Beispiel dafür und so peinlich aktuell, dass es einem die Sprache verschlägt:

Auf dem Album von 1999 "The Way it is" finden sich Titel wie »Crime & Corruption. Im Titelsong heißt es: "Machst du dir je Sorgen darüber, dass man dir deinen Wagen am hellichten Tag auf dem Highway 54 wegnehmen könnte, dass deine Frau eine Frau in schwarz wird, dass du das Haus verlässt und im Sarg zurückkehrst, mit einer Kugel im Kopf? Dann schließ dich uns an und kämpfe dagegen".

Luckys Botschaft: Schließ dich uns an

Jene, welche die Macht zur Veränderung hatten, haben bei diesen Worten wohl weggehört und werden weiter weghören. Denn das eigentliche Problem ist der Kampf Reich gegen Arm!

Die Armen werden weiter ausgebeutet und die Reichen wollen weiterhin nicht teilen, sondern noch reicher werden und das maßlos. In so einem Klima wird es immer schwerer wenn nicht unmöglich sein, für "Recht" und Ordnung zu sorgen. Das gilt weltweit, ist nur unterschiedlich stark ausgeprägt. Wenn Du das nicht glaubst, dann fahre doch einmal, nur so zum Spaß, im Luxusschlitten (weniger tut's auch) durch Rio de Janeiro. Wenn Du mehr als sieben Ampeln "unbelästigt" überstehst, dann ist ein Wunder geschehen oder Du siehst zufällig einem Fußball-Idol sehr ähnlich (die dürfen sich das erlauben). Wahrscheinlich aber hast Du Glück, wenn Du Dein Leben als Fußgänger hast retten können.

Das Übel ist ein Verteilungs-Problem und die Schere geht weiter auseinander. Security boomt (hey, das wäre doch ein Job für Dich, absolut krisensicher, weltweit!). Ghettos und Abgrenzung werden das Problem nicht lösen können, bestenfalls zeitlich aufschieben. Und eines Tages sind auch wir dran! "Wenn Du das nicht willst, dann schließ' Dich uns an und kämpfe dagegen" (solange Du noch kannst!).

Günter Weeren

Quellen: (luckydubemusic.com - de.wikipedia.org/wiki/Lucky_Dube - spiegel.de/kultur/musik/0,1518,512486,00.html - www.tagesspiegel.de/weltspiegel/Suedafrika-Kriminalitaet;art1117,2403898 - en.wikipedia.org/wiki/Lucky_Dube - leopardmannen.no/d/dube.lucky.asp - news.independent.co.uk/people/obituaries/article3084283.ece - entertainment.timesonline.co.uk/tol/arts_and_entertainment/music/article2698046.ece - de.news.yahoo.com/afp/20071019/ten-suedafrika-musik-kriminalitaet-tod-4ffd8ef_1.html - weltexpress.info/index.php?artikel_id=63616&lan=de&rubrik=1 - members.aol.com/riddimxl/rastafarianismus.htm

music4ever.de - Anekdote - Nr. 12 - 11/07-I