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Scott McKenzie

Foto: scottmckenzie.info(scottmckenzie.info)

Wer im Internet den berühmten Song "San Francisco (Be Sure To Wear Some Flowers In Your Hair)" sucht, findet bei der englischen Ausgabe von Wikipedia den musikalischen Ritterschlag als "Generational Anthem" (deutsch: "Generationen-Hymne"). Geht voll in Ordnung, gab es doch anno 1967 weltweit, so schien es, nur eine Hauptstadt: eben San Francisco oder "Frisco" - wie die Europäer diese überirdisch schöne Stadt zum Ärger der Einheimischen gern nennen. Als Interpret dieses Ohrwurms eroberte der kalifornische Sänger Scott McKenzie im Siegeszug die Bühnen, über die Grenzen seiner Heimat hinaus. Immerhin sieben Millionen Platten gingen über die Ladentheke. Was sich bald in den internationalen Charts widerspiegelte: So kletterte "San Francisco" in den meisten europäischen Ländern auf die begehrte Pole Position, während die Scheibe in den Billboard-Charts der Staaten auf Platz Vier kleben blieb. Damals fast ein kleiner Makel.

Überall in den größeren Städten schmückten Jugendliche und Studenten zu jener Zeit ihre Haarpracht mit Blumen, trugen bunte, ausgeflippte Klamotten und streckten dem Establishment die Zunge raus. Dazu lieferten die Radiosender noch die passende Musik. Und als Teil dieser farbenfrohen, lustigen und friedlichen Szene betörte der junge Scott McKenzie - 1939 in fernen Florida mit dem nordisch klingenden Namen Philip Blondheim auf der Bildfläche dieser Welt erschienen - mit seiner "Generationen-Hymne" seine Fans.

Wenn der Schein trügt

Doch das Bild trügt: Wie nur wenige wissen, tanzten die West-Coast-Hippies Ende der 60er Jahre ursprünglich zu ganz anderen Melodien und standen auf vergleichsweise Härteres, nämlich den als bodenständig empfundenen Psychedelic Rock von Gruppen wie den Doors - die Kultband um Jim Morrison - und Iron Butterfly ("In-A-Gadda-Da-Vida"). Dagegen wirkte das Projekt "Scott McKenzie" als ein von umtriebigen Plattenbossen clever inszeniertes Spektakel, von oben aufgesetzt. Was aber die künstlerische Leistung des bis heute gefragten Interpreten keinesfalls schmälern soll.

Schon in den 50ern begann sich Scott für Musik zu interessieren, tingelte als Teil kleiner Combos durch Nord Carolina und Virginia. Bis sich Anfang 1960 für Mr. Blondheim die musikalischen Weichen stellten und er eines schönen Tages den Songschreiber John Phillips kennen lernte. Für beide der Beginn einer langjährigen, künstlerischen Freundschaft. Es war auch Phillips, der später das berühmte Vokal-Quartett "The Mamas & The Papas" ("Monday, Monday") gründete. Ja, um ein Haar wäre Mr. McKenzie dort eingestiegen, entschied sich aber 1967 für eine Solo-Karriere, zu seinem Glück. Und nochmal Phillips: Er war es auch, der für Scotts Chartbreaker verantwortlich zeichnete; aus seiner Feder stammte "San Francisco".

Foto: Wikipedia... belgischer Hippie-Bus aus Sachsen (Foto: Wikipedia)

Scott, der Einsiedler

Allerdings gilt der Sänger bis heute als ein so genanntes "One Hit Wonder"; die Nachfolgeplatten wie "Like An Old Time Movie" erreichten bei Weitem nicht den Erfolg von "San Francisco". Da spielte sicherlich mit, dass die West-Coast-Bands ihm schließlich den Garaus machten. Niemand wollte den Hofsänger der Blumenkinder mehr hören. Vom Leben bitter enttäuscht, zog sich Scott McKenzie schon Anfang der 70er in die kalifornische Wüste zurück, lebte fortan wie ein Einsiedler. Bis es ihn Jahre später wieder nach Virginia zog, wo einst alles begann. Erst 1986 kehrte er ins harte Musik-Business zurück, schloss sich den wiederauferstandenen "Mamas & Papas" seines alten Kumpels John Phillips an, tourte mit ihnen durch die USA. Sogar als Komponist verdiente er sich musikalische Sporen, beteiligte sich am Beach-Boys-Song "Kokomo" (bekannt aus dem Film "Cocktail" mit Tom Cruise).

Ein weiteres Musik-Projekt scheiterte jedoch schon früh. Depressionen peinigten den Sänger; er wirkte müde und ausgebrannt. Nur noch gelegentlich stand er in verschiedenen Oldie-Shows auf der Bühne, mit seiner mittlerweile schlohweißen Mähne, die irgendwie an den coolen Blues-Gitarristen Johnny Winter erinnerte. Heute gibt Scott McKenzie nach wie vor Konzerte, lebt wieder an der Westküste, in Los Angeles. Wie auch immer - sein Ruhm ist wie bei nur wenigen Interpreten mit einem einzigen Lied verknüpft. Aber mit einer so gewaltigen "Hymne", dass der Name des Mannes von der Ostküste für immer Sinnbild eines Lebensgefühls im Westen des Landes bleiben wird, wie in Stein gemeißelt. "Ich bin erstaunt darüber", wundert sich Scott McKenzie, "wie 'San Francisco' heute noch Träume in den Herzen und Gedanken der Menschen auf der ganzen Welt wachruft."

Joachim Eiding

Quellen: scottmckenzie.info - stern.de - milch.junkies.ws - Das neue Rock-Lexikon, Barry Graves, Siegfried Schmidt-Joos und Bernhard Halbscheffel, Rowohlt - sueddeutsche.de - germany.real.com - GoodTimes, Nr. 1/2009

 

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